
Testbericht Fe226 AeroForce Mk II Tri Suit
Der Triathlet Christopher Dels hat für Euch den neuen Fe226 AeroForce MKII Tri Suit getestet.
Der MK I, das Modell aus letztem Jahr, hat schon Schlagzeilen gemacht, weil er 13 vergleichbare Wettkampfanzüge in den Schatten gestellt hat, indem er im Windkanal 9 Watt schneller war als der nächst bessere (Test des „Rennrad“ Magazins). Ich selbst habe das erste Modell noch nicht getragen, aber einen Test dazu hat Christian Jacob im Mai 2019, unter dem Titel “Fe226 Aero Force Sleeved Tri Suit Schwimmtest” für INTERSPORT WOHLLEBEN durchgeführt.
Die neue überarbeitete Version soll aufgrund längerer Ärmel und Beine nochmals aerodynamischer sein. Die neuen „heat sensitive leg grippers“ reagieren auf Wärme und passen sich dann den Beinen an. Dadurch soll ein Hochrutschen des Stoffs an den Beinen verhindert werden.
Die zweite entscheidende Verbesserung ist das in Zusammenarbeit mit der Firma gebioMized entwickelte Sitzpolster, das speziell für Triathlonsättel angepasst wurde. Besitzer eines gebioMized Stride Sattels können sich glücklich schätzen, da das Pad eins zu eins die Form des Sattels hat.
Genauso wie der Vorgänger soll der Fe226 AeroForce Mk II Tri Suit wie ein Schwimmanzug wirken und zu besseren Schwimmzeiten verhelfen.
Eine verbesserte Kompression, die die Körperhaltung auf längeren Distanzen, gerade am Ende unterstützt, in Verbindung mit einem 4-way stretch Material soll zu einem einzigartigen Tragekomfort führen („second Skin effect“). Also ein „perfekter Anzug für alle drei Disziplinen im Triathlon“ laut Fe226.
Genau das habe ich getestet.
Zur Größenwahl…ich bin 182 cm groß und wiege 78 kg. Ich hab den Anzug in Größe M getestet, welche für mich perfekt war. Aufgrund der Kompression ist es schon eine gewisse Herausforderung ihn anzuziehen. Durch den extra langen Reißverschluss und das sehr dehnbare Material mit „4-way-stretch“ sitzt er perfekt, wenn man ihn anhat.
Ich verweise hier im Text öfters auf das Interview mit Nis Sienknecht, einer der zwei Köpfe von Fe226. Im Anschluss an meinen Test hatte ich ein Gespräch mit ihm, in dem er mir weitere interessante Details zum Anzug gegeben hat. (Thermoregulation, „4-way-Stretch“, Individualisierung des Anzug in Bezug auf Größe und Sponsorendruck, zukünftige Produkte). Dieses Video ist am Ende des Blogbeitrags zu finden.
1. Disziplin: Das Schwimmen im Fe226 AeroForce Mk II Tri Suit
Beim Schwimmen galt es zu testen, wie wasserabweisend der Anzug im Vergleich zu einem Schwimmanzug ist. Wenn man das Material vom Fe226 Airforce Tri Suit MK II und einem Schwimmanzug vergleicht, merkt man, dass sie sich schon sehr ähnlich sind. Diese wasserabweisende Eigenschaft führt zur einer besseren Wasserlage und damit einer schnelleren Schwimmzeit. Vor allem bei schwächeren Schwimmern, wie mir, macht sich jede Schwimmhilfe, die die Wasserlage verbessert, deutlich in der Zeit bemerkbar. Ich war also ein perfektes Testobjekt, um zu ermitteln, ob der Anzug hält, was er verspricht. Ich hatte nur etwas Bedenken mit den Seitentaschen und den Mesh-Teilen am Rücken des Fe226 Anzugs, da diese sich oft mit Wasser füllen und wie ein Fallschirm im Wasser wirken.
Zum Schwimmtest:
Ich bin 3 x 100 m maximal geschwommen. Einmal nur in Badehose, dann mit Schwimmanzug, und als letztes mit dem MK II. Mit dem Schwimmanzug war ich, wie erwartet, fünf Sekunden schneller als mit Badehose.
Obwohl ich mit dem Fe226 Anzug als letztes geschwommen bin, hat die Uhr die gleiche Zeit wie mit dem Schwimmanzug gezeigt. Auch fünf Sekunden schneller als nur mit Badehose, trotz der Taschen und dem Netzteil am Rücken.
Man kann an den hellen Stellen unter Wasser deutlich erkennen, wie der Anzug das Wasser abweist. Ärmel und Beine sind nicht verrutscht.
Fazit Schwimmen:
Zumindest auf 100 m ist der MK II mit einem Schwimmanzug gleichwertig . Wer sich also einen Schwimmanzug kaufen will, sollte vielleicht auch den MK II in Erwägung ziehen, da man hier zwei Anzüge in einem erhält, wodurch man sich das Umziehen nach dem Schwimmen spart. Der Reißverschluss hat sich nicht geöffnet. Er ist auch zusätzlich durch eine Art „Deckel“ geschützt ist. Das Pad war absolut nicht spürbar. Dadurch, dass die seitlichen Taschen sehr eng anliegen und die hintere mit einem weiteren „Deckel“ verschlossen ist, entsteht keine Bremswirkung.
Auch der Mesheinsatz am Rücken scheint zumindest bei mir nicht zu Bremsen. Da der Anzug, wie gesagt, für alle Disziplinen konzipiert wurde, hat er den Mesheinsatz am Rücken, um auf dem Rad und Laufen die Thermoregulation zu unterstützen. „Hätten wir einen reinen Schwimmanzug konzipiert, würden wir natürlich kein Mesh verbauen, aber das war ja auch nicht unsere Intention. Unser Anzug soll für jede Disziplin perfekt sein.“ (siehe Youtube Video mit Nis Sienknecht). Das “4-way-Stretch“ Material sorgt wahrscheinlich auch dafür, dass ich beim Schwimmen keinerlei Widerstand im Schulterbereich feststellen konnte.
Man muss allerdings bedenken, dass ich nur 100 m damit geschwommen bin. Oft lässt die wasserabweisende Eigenschaft mit der Zeit nach. Und wie es mit dem Verrutschen der Ärmel bzw. dem Reißverschluss auf längere Distanz aussieht, kann ich nicht beurteilen.
Außerdem habe ich getestet wie gut man in den engen Anzug reinkommt, wenn er nass ist, falls man den oberen Teil erst nach einem Schwimmen mit Neo anziehen will. Aufgrund des langen Reißverschlusses war dies aber auch kein Problem. Im Laufen habe ich ca. 30 Sekunden zum Anziehen gebraucht.
2. Disziplin: Das Radfahren
Bei meinem Radtest habe ich mich auf die verbesserte Aerodynamik aufgrund der längeren Ärmel und Beine konzentriert. Die Arme reichen tatsächlich bis zum Ellenbogen und die Beine knapp über das Knie. Beim ersten Anziehen war ich zunächst verwundert, weil die Beinabschlüsse nicht optimal anlagen, bis ich dann von den „heat sensitive leg grippers“ erfahren habe. Erst bei Wärmeentwicklung entwickeln sie ihre volle Wirkung und passen sich dem Bein an. Top!
Zum Radtest:
Dazu habe ich mir ein 10 km Strava-Segment („10 k for Glory“) rausgesucht. Das Segment hat sowohl flache Passagen, als auch einen kleinen Hügel mit einer langen Abfahrt. Ich bin erst mit einem meiner älteren Wettkampfanzüge und direkt im Anschluss mit dem Fe226 AeroForce Tri Suit MK II und gleicher Wattzahl gefahren. Der Wind war bei beiden Durchgängen gleich.
Beim ersten Durchgang hatte ich mit einem älteren Anzug eine Zeit von 16:47 min und 289 Watt. Mit dem Fe226 habe ich das Segment in 16:13 min und 298 Watt abgeschlossen. Wenn man großzügig sein will, dann entsprechen die 9 Watt Differenz 15 Sekunden Fahrzeit. Das heißt, dass der Anzug definitiv schneller war, und zwar mindestens 15 Sekunden auf 10 km bei gleicher Wattzahl. Deutlich ist auch der Unterschied der maximalen Geschwindigkeit in der bergab Passage von 74 km/h (alter Anzug) zu 77 km/h (MK II) bei gleicher Wattzahl.
Fazit Rad:
Der deutliche Unterschied in der Zeit über 10 km und in der maximalen Geschwindigkeit spricht für den aerodynamischen Vorteil des MK II. Mir ist natürlich bewusst, dass mein Test nicht 100 % valide ist, aber die Zahlen gehen in eine Richtung.
Abgesehen davon, kann ich sagen, dass sich der MK II tatsächlich „wie eine zweite Haut“ anfühlt. Durch das Zusammenspiel aus Kompression und dem Sitzpolster hatte ich ein viel angenehmeres Fahrgefühl als mit dem Vergleichsmodell. Das war eben besonders deutlich, weil ich den Unterschied der beiden Anzüge direkt hintereinander erfahren habe. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich allein durch dieses „kompaktere“ und angenehmere Gefühl mehr Watt treten lassen, weil man sich einfach irgendwie „schneller“ fühlt. Obwohl ich keinen gebioMized Sattel montiert habe, habe ich deutlich den Unterschied der beiden Sitzpolster gefühlt. Der „4-way-Stretch“ sorgt dafür, dass der Anzug keine Falten wirft, während die Beinabschlüsse dafür sorgen, dass die Beine keinen Millimeter verrutschen.
Laut Hersteller (Interview Nis Sienknecht) trocknet das Material nach dem Schwimmen innerhalb von 3 min im Vergleich zu einem Polyester Anzug, bei denen 11-19 Minuten gemessen wurden (bei Fahrtwind). Dies hat zur Folge, dass das Risiko für Magenkrämpfe auf dem Rad verhindert wird, die oft durch den durchnässten Anzug entstehen.
(Ich habe den Anzug dann auf dem Heimweg angelassen und hatte es ein bisschen eilig pünktlich beim Abendessen zu erscheinen, weshalb ich ein bisschen drauf gedrückt habe. Infolgedessen habe ich unbewusst zwei KOMs geholt. Das sollte an wissenschaftlichen Tests bezüglich der Aerodynamik reichen;))
3. Disziplin: Das Laufen mit dem MKII Triathlon Suit
Das Problem bei Triathlonanzügen, die in Sachen Aerodynamik punkten, ist, dass sie aufgrund ihrer Spannung, um keine Falten zu bilden, unangenehm im Brustbereich spannen, sobald man sich aufrichtet. Um beim Laufen diese Spannung dann rauszunehmen, hilft es oft nur den Reißverschluss zu öffnen. Außerdem stört das Sitzpolster oft, weswegen viele Athleten sich gerne zum Laufen im Wettkampf umziehen. Dies und das „Cold Black Material“, welches den Körper bei Sonneneinstrahlung kühlen soll, stand bei meinem Lauftest im Fokus. Vor allem in Bezug auf die Farbe war ich skeptisch, da ich sehr anfällig für Hitze bin, und aufgrund dessen immer einen hellen Anzug gewählt habe.
Zum Lauftest:
Ich habe den Fe226 AeroForce Mk II Tri Suit bei einem vereinsinternen 5-km Lauf getestet. An dem Tag waren es 28 Grad und kaum Wind, da der Test in einem Stadion auf der Bahn stattgefunden hat.
Fazit Laufen:
Obwohl ich den Lauftest als erstes durchgeführt habe, also frisch in den neuen Anzug reingeschlüpft bin, war keine Spannung im Schulterbereich spürbar. Ganz im Gegenteil, wie auf dem Fahrrad hat sich alles kompakt und „unterstützend“ angefühlt, ohne dass es aber auf irgendeine Weise zu eng war. Während des Laufens habe ich auch bewusst den Reißverschluss zugelassen und hatte zu keiner Zeit Probleme. Richtig überzeugt hat mich das „Cold Black Material“. Trotz direkter Sonneneinstrahlung und maximaler Anstrengung hatte ich nie das Gefühl, dass die Sonne brennt. Viel eher waren es genau die Stellen, die nicht vom Anzug verdeckt waren, die im Anschluss gefühlt wärmer waren als die unter dem Anzug. Durch den Sonnenschutz des Anzugs ist meine Haut darunter auch schön weiß geblieben 😉
Neben dem „Cold Black“ Material, sind die Löcher an der Seite, das Mesh-Panel am Rücken und der Transport des Schweißes nach Außen, um den Körper an diesen Stellen zu kühlen, andere Features, die die gute Thermoregulation des Anzugs ausmachen. Außerdem besitzt der Reißverschluss eine Schließfunktion, d.h. man kann den Anzug bis zu einer gewünschten Stelle öffnen und dann durch das Umlegen des „Zippers“ den Reißverschluss an dieser Stelle fixieren. (Interview Nis Sienknecht)
Wie beim Schwimmen war das Sitzpolster nicht spürbar. Mit den zwei kleineren Taschen an den Seiten und dem etwas größeren Fach (IPhone lässt sich verstauen) lässt sich viel Verpflegung transportieren.
Auffällig beim Lauftest war auch, wie schnell der Anzug getrocknet ist. Noch während des Auslaufen ist er getrocknet und ich musste ihn daheim nicht mehr raushängen.
Nis Sienknecht hat mir erklärt, dass der Schweiß an den Stellen, wo man schwitzt nach außen transportiert wird, um den Körper zu kühlen. Sobald der Schweißfluss stoppt, trocknet der Anzug, falls sich beispielsweise die klimatischen Bedingungen ändern.
Fazit Allgemein zum Fe226 AeroForce Mk II Tri Suit:
Was mir bei allen Tests aufgefallen ist und am deutlichsten bei mir hängen bleibt, ist der Tragekomfort des Anzugs. Die Betitelung „second skin“ trifft den Nagel auf den Kopf. Der Anzug ist einerseits schön eng, wodurch man sich schon kompakter, schneller und kräftiger fühlt, aber nicht zu eng, so dass man nicht mehr atmen oder aufrecht laufen kann. Das alleine hat mich von dem Anzug überzeugt. Und wenn ich dafür eine paar freie Watt bekomme, dann nehme ich die gerne, denn bremsen tut er nicht, weder beim Schwimmen noch beim Radfahren. Natürlich sind die 415 Euro ein stolzer Preis. Aber vor allem wer noch keinen Schwimmanzug besitzt oder überlegt sich einen zu kaufen, hat hier eine 2 in 1 Alternative und spart am Ende sogar Geld.
Hier geht`s zum Youtube-Video: